Lissabon – wunderbare vier Tage im Juni 2021
Portugal lässt wieder Touristen ins Land …
Im Mai 2021 erhielt ich einen Anruf von Freunden, ob ich denn schon wisse, dass Portugal die Corona Beschränkungen aufgehoben hat und wieder Touristen ins Land lasse. Nun könne ich doch ihre Einladung annehmen und einige Tage in ihrer Wohnung in Lissabon verbringen.
Riesige Freude. Endlich sehe ich Lissabon. Gesagt, getan. Am 3. Juni saß ich mit einer lieben Freundin im Flieger!
Eine Bemerkung vorab. Wir hatten insofern ein Riesenglück mit dem Zeitpunkt, da wir eine Stadt fern des Massentourismus erleben durften. Davon hörte man ja immer wieder in den Medien. Gentrifizierung findet mittlerweile auch in Lissabon statt. Einheimische beschweren sich über die vielen Touristen, das Wohnen wird für sie in der Innenstadt zu teuer usw. Ein schwieriges Thema, denn Tourismus ist auf der anderen Seite wirtschaftlich wichtig. Zuversichtlich macht mich, dass dieses Problem von den Ländern, örtliche Behörden und Politikern erkannt wurde und entsprechende Maßnahmen eingeleitet werden, um ein gesundes Gleichgewicht zu schaffen.
1 • Die Kunst des Flanierens
Also, Flug mit der Lufthansa verlief wie erwartet reibungslos und kurz nach „Bezug“ der Wohnung ging es los. Erst einmal durch das Zentrum in Richtung des Flusses Tejo. Als Ziel noch in der Ferne der Triumphbogen, denn dahinter erstreckt sich der Praca do Commercio, direkt am Rio Tejo gelegen. Wir schlenderten über den Praca do Rossio und schon fiel uns die berühmte Straßenpflastermalerei auf, die sogenannte Calcada Portuguesa. Die Pflastersteine sind mit Linien, Wellen oder Ornamenten verschönert und sind großflächig in der Stadt verteilt. Die ersten entstanden vor mehr als 500 Jahren und werden immer wieder von Spezialisten restauriert. Schöne Geschichte dahinter: Diese Kunstwerke sollen die Schritte der Gehenden adeln und der Kunst des Flanierens huldigen.
Nun standen wir auf dem Praca do Commercio. Der leichte Wind und der Geruch des Flusses stiegen uns in die Nase. Wunderschöne wellenförmige Pflastersteine auf dem riesigen Platz. Hier machten wir Pause und genehmigten uns erst einmal einen Willkommensdrink.
2 • Weltschmerz, Liebe, Sehnsucht, Heimweh
Natürlich hatte ich mich schon eingelesen und eine Idee, wo wir abends essen gehen könnten. Doch gerade erhielt ich einen anderen Tipp von einer Lissabonnerin, der sich sehr interessant anhörte und uns gleichzeitig einen Bummel durch den ältesten Teil der Stadt versprach, der Alfama. Auf dem Platz in der Sonne sitzend googelte ich ganz entspannt und reservierte dort einen Tisch online. Die beste Entscheidung, wie sich später herausstellte.
Wir spazierten also entlang des Tejo und dann kreuz und quer durch die verwinkelten, engen Gassen der Alfama. Im 16. Jahrhundert entwickelte sich die Alfama zum Armenviertel. Erst nach dem Ende der Salazar-Diktatur in den frühen 80-igern wurden die Häuser renoviert und die Plätze wiederhergestellt. Heute ist dieser Stadtteil voller Kneipen und Restaurants.
Hier und auch im benachbarten Stadtteil Mouraira entstand der Fado Gesang. Die Einwanderer lebten hier vor mehreren hundert Jahren in ärmlichen Verhältnissen. Ihr Gesang mischte sich aus brasilianischen, arabischen und portugiesischen Elementen. Daraus entstand der Fado. Er handelt von unglücklicher Liebe, sozialen Missständen, Sehnsucht nach besseren Zeiten und vor allem vom „saudade“ (bedeutet so ungefähr Weltschmerz).
3 • „Da oben“ ist Ende
Die Straßen wurden immer verwinkelter und dann folgten wir doch gezielt Google Maps, um den Weg zu dem Restaurant zu finden. Wie oft waren wir sicher, dass es „da oben“ gar nicht mehr weitergeht, doch wir vertrauten der App und wurden eines Besseren belehrt. Da öffnete sich uns ein kleiner wunderschöner Platz mit bunten Tischen unter einer Pergola von Weinreben. Wir waren angekommen beim Lisboa Tu & Eu 2. Das Essen war fantastisch, der Wein auch, die Stimmung so schön. Wir waren rundum glücklich. Viel später machten wir uns auf den Weg zurück durch die Alfama bei Nacht. Hin und wieder hörten wir durch die Fenster kleiner Restaurants Fado Sänger. Wie auch andere Passanten blieben wir vor den Fenstern stehen und hörten dem Gesang zu. Herrlich. Ein perfekter erster Tag in Lissabon.
4 • Ich folge dir blind und werde bestimmt alles genießen…
Am nächsten Morgen besprachen meine Freundin und ich den kommenden Tag. Wir verreisten das erste Mal zusammen, daher war ich vorsichtig und wollte sie mit meinen Ideen nicht überrumpeln. Da sie sich nicht vorbereiten konnte und schnell merkte, dass ich mich in der Theorie in Lissabon schon super auskenne, sagte sie nur: „Ich folge dir blind und werde bestimmt alles genießen. Da bin ich mir ganz sicher.“ Perfekt! Nun reservierte ich für den Abend zwei Plätze in einem Fado Restaurant, später dazu mehr. Und ich versuchte, Plätze in einem Restaurant auf der anderen Seite des Tejo für den folgenden Abend zu buchen. Doch das war ausgebucht. Es gab nur die Möglichkeit, sich vor Ort auf die Warteliste setzen zu lassen. Ja, ich bin sehr organisiert. Natürlich liebe ich auch das Spontane, doch wenn man nur kurz Zeit hat und möglichst viel Interessantes und Highlights in den Aufenthalt packen möchte und auch noch -wie ich – gewisse Ansprüche hat, was Qualität des Essens und Atmosphäre angeht, muss man eben organisieren.
Heute wollten wir den östlichen Teil der Stadt entdecken. Richtung Zentrum ging es erst über den Platz Rossio (oder auch Praca do Dom Pedro IV), dann zum berühmten Aufzug Elevator de Santa Justa. Er verbindet den Stadtteil Baixa, in dem wir uns befanden, mit der Oberstadt, dem Stadtteil Chiado. 1902 wurde er von einem Schüler Gustave Eiffels fertiggestellt. Als ich das Bauwerk sah, war mir alles klar. Die Verbindung zum Eifelturm war schnell zu erkennen. Ein sehr imposanter Bau aus Gusseisen. Leider war der Betrieb noch wegen der Corona Pandemie eingestellt. Doch unser Weg führte uns heute sowieso in eine andere Gegend. Mit der Straßenbahn Electrico 28, die durch die komplette Innenstadt Lissabons fährt, ging es zum Mirador de Santa Luzia. Als wir ausstiegen, empfing uns eine riesengroße Bougainvillea. Und der Ausblick auf die Alfama und den Tejo war fantastisch. Etwas erhöht sahen wir eine kleine Bar mit Terrasse, die Bar Terraço de Santa Luzia. Spontan entschieden wir uns dort zu frühstücken. Wir waren die ersten Gäste und genossen den wunderschönen Ausblick und das Frühstück. Meine Freundin entschied sich für ein Avocado-Tomatentoast und ich für die Käseauswahl. Es war köstlich. Das nächste Ziel war die mittelalterliche Burg und Festungsanlage Castello de Sao Jorge. Der kleine Aufstieg startete sozusagen gegenüber der Bar, also zu Fuß gut zu erreichen. Wieder durch verwinkelte Gassen, vorbei an kleinen Restaurants, Bars und Souvenirläden bis zum Eingang. Der Eintritt von 10 Euro lohnt sich. Das Burggelände, das sich mit Türmen, Wachposten, Burggraben und Ausgrabungen auf 6.000 qm erstreckt, ist wunderschön zu begehen und man hat einen fantastischen Panoramablick über die Stadt. Wir befanden uns nun im Stadtteil Mouraria und ließen uns nach der Burgbesichtigung durch die Altstadt treiben. Mit der Electrico 28 ging es dann zum noch höher gelegenen Stadtteil Graca. Später stellten wir fest, dass wir von der Burg schneller zu Fuß als mit der Straßenbahn gewesen wären. Aber wir hatten ja keinen Zeitdruck. Es war einfach herrlich durch die Gassen zu schlendern. Graca gilt als typisches Wohnviertel aus dem 19. Jahrhundert. Uns fiel auf, dass sehr viele junge Leute unterwegs waren. Am Mirador da Graca mit Blick über die Burg, Baixa und den Tejo ging es zu Fuß zurück in die Unterstadt Baixa. Dort wollten wir, einem Tipp meiner Freundin folgend, einen Drink auf der Dachterrasse des Hotels Mundial nehmen. Wir erholten uns dort mit einem frischen Getränk und super Aussicht auf die Stadt.
5 • Der Fado – ein Blick in die portugiesische Seele
Dann in unsere Wohnung, dort in den Pool, umziehen und wieder los. Gebucht hatte ich ja einen Fado Abend. Das Restaurant liegt im höher gelegenen Stadtteil Bairro Alto. Sozusagen hinter dem Elevator de Santa Justa. Meiner Meinung nach überhaupt kein Problem auch ohne Aufzug, über die breiten Treppen diesen Stadtteil zu erreichen. Das Restaurant heißt Fado ao Carmo. Kurz vor der Abreise sah ich einen Lissabon Beitrag im TV, in dem u.a. dieses relativ neue Fado Restaurant vorgestellt wurde. Der Eigentümer machte einen sehr engagierten Eindruck, sowohl was die Qualität des Essens als auch des Fado Gesangs und seiner Geschichte angeht. Er überzeugte mich sofort. Und mein Gefühl wurde nicht enttäuscht. Das „Fado ao Carmo“ kann ich jedem empfehlen. Geschmackvolle Einrichtung, sehr gutes traditionelles portugiesisches Essen (hier musste ich unbedingt Bacalhau a bras probieren), angenehme Gäste und vor allem der Fado! Der Gesang hat uns richtig bewegt. Drei fantastische Gitarristen, eine begnadete Sängerin und dann entpuppte sich der Gastgeber selbst als hervorragender Fado Sänger. Später im Gespräch erzählte mir einer der Gitarristen und wohl auch Miteigentümer des Restaurants, dass ihm die Verbreitung der Geschichte des Fado und damit auch Portugals sehr am Herzen liegt und er auf Konzerten international auftritt.
Bairro Alto ist das Ausgehviertel Lissabons mit vielen Bars, Clubs und Restaurants. Doch uns trieb es nach diesem schönen Erlebnis nur noch glückselig und von der Musik erfüllt zurück in unsere Betten.
Zu Hause googelte ich nach dem Gitarristen. Wow, Luis Guerreiro. Ein sehr bekannter Fado Gitarrist, der schon Auftritte in London, Sydney, New York und Los Angeles hatte. Und beim Weiterlesen erfuhr ich, dass der Gastgeber und spätere Fado Sänger an dem Abend auch eine berühmte Größe in Lissabon darstellt. Rodrigo Costa Felix zählt zu den bekanntesten Fado Sängern der neuen Generation in Lissabon. Ich war beeindruckt. Kein Wunder, dass dieser Abend so wunderbar und der Fado so mitreißend war.
Mittlerweile ist deren Webseite neu aufgesetzt und Ihr könnt die Geschichte und Hintergründe dieses Restaurants und deren Betreiber am besten selbst nachlesen.
6 • Kirchengschichte, Jacaranda Bäume, Design, Pasteis de Nata
Am nächsten Tag stand nun der westliche Teil Lissabons an. Ich hatte in meinem Reiseführer eine interessante Tour entdeckt und der wollte ich heute mal eins zu eins folgen. Wir starteten am Praca dos Restauratores . Dort wollten wir die Standseilbahn Elevador da Gloria nehmen und in die Oberstadt Bairro Alto fahren. Vor dem Einstieg gab uns ein Einheimischer den Tipp, oben angekommen zuerst ein kurzes Stück nach links zu gehen. Dann kämen wir zur Kirche Sao Roque. Unscheinbar von außen, doch innen sehr sehenswert. Gerne folgten wir seinem Rat. Also doch nicht so ganz eins zu eins. Die Kirche war wirklich nur einen Katzensprung von der Endstation der Standseilbahn entfernt und innen erwartete uns eine große Überraschung. Wir sahen einen großen Kirchenraum mit jeweils vier prunkvollen Kapellen auf beiden Seiten. Nur edle Materialien wurden von den damals bedeutendsten italienischen Künstlern verwendet, wie z.B. Carrara Marmor, Gold, blaues Lapislazuli und Amethyst. Diese Kirche gehört wohl zu den prunkvollsten der Iberischen Halbinsel, so lasen wir. Herausragende Bedeutung hat die Kirche durch die Capela de Sao Joao Baptista, Johannes dem Täufer gewidmet, die 1742 in Rom in Auftrag gegeben wurde und von dem Papst gesegnet wurde. Dieser Tipp hat sich wirklich gelohnt.
Nun liefen wir wieder zurück, an der Endstation des Elevador da Gloria vorbei zur Aussichtsterrasse Miradouro Sao Pedro de Alcantara. Hier hat man einen tollen Blick auf die Burg Castel de Sao Jorge, die wir gestern besichtigt hatten. Weiter ging es bergauf der Rua Dom Pedro V folgend in das feinere Viertel des Bairro Alto. Vorbei an Designläden, Restaurants , Boutiquen und herrschaftlichen alten Stadtpalästen. Und auch hier wieder wie überall in Lissabon beherrschten die wunderschönen Jacaranda Bäume das Bild. Dann erreichten wir den Stadtpark Principe Real. An diesem Tag gab es dort auch einen Markt mit Lebensmitteln und Kunsthandwerk. Der malerische kleine Park ist ideal für einen kleinen Stopp zum Entspannen. Machten wir aber nicht, denn gegenüber wartete ein besonderes Ladenlokal auf uns, die Embaixada. Ein ehemaliger Adelspalast aus dem 19. Jahrhundert, der als Shopping Mall umfunktioniert wurde. Portugiesische Designer und Künstler präsentieren hier ihre Mode und ihr Handwerk. Ein Restaurant ist ebenfalls vorhanden. Super. Toll. Eher hochpreisig. Meine Freundin verschwand sofort in den Geschäften, ich machte die Fotorunde.
7 • Pasteis de Nata und mehr
Über die Rua de Século ging es bergab, vorbei am Karmeliterkloster Convento dos Cardaes und netten kleinen Restaurants. Am Ende der Straße links in die Calcado do Combro, dann rechts in die Rua Marechal Saldanha bis zum Miradouro de Santa Catarina. Hier kann man wunderbar den Tejo , die Ponte 25 de Abril (die an die Golden Gate Bridge in San Francisco erinnert) und die Cristo-Rei Statue auf der anderen Seite des Tejo sehen. Cafes zum Verweilen gibt es hier auch , doch wir marschierten weiter. Straße wieder zurück, rechts weiter Calcada de Combro an der kleinsten Stadtseilbahn Lissabons vorbei, der Elevador da Bica, und beendeten den Rundgang an der Praca Luis de Camoes. Wir befanden uns nun im Stadtteil Chiado. Dort zog es uns in die schöne Fußgänger- und Shopping Straße Rua Garrett. Spontan kauften wir uns in dem traditonsreichen Café a Brasileira (aus dem Jahr 1905) zwei Pasteis de Nata. Und nun im Nachhinein kann ich mit voller Überzeugung sagen, dass es hier die besten der Stadt gibt. Wir aßen sie lauwarm und köstlich auf der Hand, was eigentlich schade war. Am besten hier hinsetzen und genießen. Wir gingen weiter, denn gerade „um die Ecke“ wollten wir zum Platz Largo de Carmo mit der Klosterruine Igreja do Carmo, die sehr dominant überall in der Stadt zu sehen ist. Was für ein schöner Platz mit herrlichen Jacaranda Bäumen und Restaurants. Kurz überlegten wir, ob wir Tickets für die Besichtigung der Kirchenruine kaufen sollten, doch dann entschieden wir uns dagegen, da die Zeit etwas drängte. Wir liefen seitlich vorbei, um einen näheren Blick auf die Ruinen zu bekommen und standen dann zu unserer Überraschung hinter dem Elevator de Santa Justa. Nun hatten wir wirklich Durst und Hunger und machten uns im Schnellschritt auf Richtung Markthallen Mercado da Ribeira am Tejo gelegen, wieder ein Tipp, den meine Freundin daheim erhielt.
8 • Das Bier zischte, die Meeresfrüchte ein Genuss und eine wilde Fahrt zurück
Was für eine Freude, als wir die kühlen Markthallen betraten. Essen und Trinken soweit das Auge reichte. Nun erst mal ein kaltes Bier. Das zischte und das hatten wir uns wirklich verdient. Nun ging es an die Essensauswahl, die sehr fischlastig wurde. Unter anderem aßen wir Austern, Premiere für meine Freundin. Hier ließen wir uns Zeit, futterten, tranken noch ein zweites Bier und wurden müde. Zu Fuß zum Frischmachen in unsere Unterkunft zurück? Keine Chance. Wir setzten uns in ein Tuk Tuk und genossen eine wilde, herrliche Fahrt durch die Stadt zurück.
9 • Tapas bei Sonnenuntergang am Tejo – entspannt, losgelöst, satt und glücklich
Geduscht und umgezogen ging es wieder Richtung Tejo. Ok, logistisch zwar nicht gerade eine Meisterleistung , da wir ja kurz vorher noch dort in der Markthalle waren, doch den Markthallenbesuch hatten wir eigentlich zu einem anderen Zeitpunkt geplant. Am Cais do Sodre nahmen wir also die Fähre über den Tejo auf die andere Flussseite nach Cacilhas. Dort liefen wir ca. 1 Kilometer nach rechts am Ufer entlang und erreichten das Restaurant Atira-te ao Rio. Die Fotos sprechen für sich: Eine einzigartige Stimmung, der Blick auf die Stadt herrlich und der Raum drinnen einfach, geschmackvoll, perfekt. Wie ich ja wusste, war es ausgebucht und wir konnten uns nur vor Ort auf die Warteliste setzen lassen. Dieses Risiko gingen wir ein. Wir waren kurz vor Öffnung da und ließen uns als Erste an diesem Abend auf die Warteliste setzen. Dann nahmen wir am Ufer Platz und genossen ein Bierchen. Im Nu wurde das Restaurant voll und voller, immer mehr Besucher ließen sich in die Liste eintragen und ich wurde doch etwas nervös. Meine Freundin ermahnte mich, dass ich mich doch mal entspannen soll und ich antwortete: „Mach ich, sobald wir einen Platz haben.“ Wahrscheinlich könnt Ihr es Euch denken, ich fragte natürlich noch mal nach und bat darum, uns nicht zu vergessen, wir würden „da vorne“ sitzen. Der junge Typ lachte nur und sagte: „No, worry, everything is under control and it‘s impossible not to see you in your pink blouse!“ Nach ca. 15 Minuten hatten wir einen wunderbaren 2-er Tisch. Und ich genoss in vollen Zügen die köstlichen und in der Kombination ausgefallenen Tapas, die die Küche zu bieten hatte. Inspiriert durch einen Blick auf den Nebentisch, entschieden wir uns dann doch für eine Tapas, die wir zuerst gar nicht nehmen wollten: Blutwurst in einer Aprikosensauce. Das war die Beste von allen! Ich konnte nicht herausschmecken, welches Gewürz in dieser Aprikosensauce war, es schmeckte jedenfalls zu gut. Wir waren sehr lange dort, waren total entspannt, losgelöst, satt und glücklich. Der Sonnenuntergang war herrlich. Immer die beeindruckende Hängebrücke Ponte 25 de Abril im Blick. Doch dann wurde es wie übrigens jeden Abend sehr kalt und wir machten uns langsam auf den Heimweg.
10 • Belem im Schnelldurchlauf und endlich Strandtag
Der letzte Tag sollte unser Strandtag werden. Das hatten wir schon vor Abreise besprochen und bei der Planung schwankte ich nun zwischen den Klassikern im Westen, Cascais und Estoril und den Stränden im Süden des Tejo, Costa da Caparica. Kilometerlange Sandstrände mit zahlreichen Strandbars, ideal auch für Surfer. Ich entschied mich nun für den Westen, da wir dann auch – mit einem privaten Fahrer, der uns einen sehr guten Preis machte – entlang der Küstenstraße fahren konnten mit Stopp in Belem, einem begehrten Wohnort der eher besser Verdienenden, mit den berühmten Wahrzeichen der Stadt. Dort schlenderten wir also an der Uferpromenade entlang zum Torre de Belem, dem Verteidigungsturm aus dem Jahr 1515 und zum Seefahrerdenkmal aus dem Jahr 1960. Es wurde zum 500. Todestag von Heinrich dem Seefahrer durch das Salezar Regime errichtet und sollte an das Zeitalter der Entdeckungen erinnern. Es zeigt 30 wichtige Persönlichkeiten des Spätmittelalterns in Portugal. Gegenüber das Hieronymus Kloster. Es ist eines der bedeutendsten Bauwerke der Manuelinik (1495-1521), einer portugiesischen Variante der Spätgotik mit Elementen aus der Renaissance. Die Uferpromenade ist wunderschön angelegt und bietet auch moderne stilvolle Restaurants. Gegenüber auf der anderen Seite des Tejo sieht man die Christo Rei, die Christusstatue, eine Kopie der Christusstatue in Rio de Janiero und als Dank an Gott in den 1950er Jahren dafür errichtet, dass die Stadt vor den Schrecken des 2. Weltkrieges verschont wurde. Sowohl die Christusstatue als auch das Seefahrerdenkmal und auch den Torre de Belem kann man besichtigen bzw, hinauffahren, doch wir nahmen nur die Eindrücke von außen mit, da ja der Strand wartete. Von diesem Standort hat man auch einen wunderbaren Blick auf die Ponte de 25 Abril, mit 3,2 km Länge die drittlängste Hängebrücke der Welt. Sie wurde 1966 eröffnet und erhielt nach dem Militärputsch und Sturz der autoritären Diktatur des Salazar Regimes im Jahr 1974 diesen Namen. Dem Tipp, sich eine Pasteis de Belem, also die traditionelle Süßspeise Portugals hier in Belem im Casa de Pasteis de Belem zu kaufen, haben wir verzichtet, da es dort riesige Warteschlangen gab. Wir hatten ja schon die in unseren Augen beste Pasteis in Lissabon Stadt gekostet. Trotzdem interessant zu wissen, dass in Belem im Hieronymus Kloster die Mönche vor knapp 200 Jahren diese Süßspeise herstellten. Also gilt das Kloster in Belem als Ursprung der Blätterteigtörtchen.
Weiter ging es über die landschaftlich herrliche Küstenstraße Richtung Westen, Ziel Cascais. Vorbei am langen Strand Praia de Carcavelos, der uns einen sehr überlaufenden Eindruck machte (es war Samastag) bis in das kleine Städtchen Cascais. Auch dort stiegen wir nicht aus, denn es begrüßten uns English Pubs, Deutsche Würstchenbuden und Rummel für die Kleinen. Nein, das wollten wir wirklich nicht. Also wieder zurück. Wir entschieden uns für den Strand Praia do Tamariz. Der Strand gehört zu dem Ort Estoril, er ist kleiner und war noch sehr leer als wir gegen Mittag dort ankamen. Eine kleine Strandpromenade mit Restaurants und Toiletten ist auch vorhanden. Eine gute Atmosphäre. Hier fühlten wir uns wohl und der Sand war perfekt. Estoril ist über einen drei Kilometer lange Strandpromenade mit Cascais verbunden. Eine Bahnlinie befindet sich direkt hinter den Stränden. So kann von Lissabon schnell mal ein Ausflug an den Strand unternommen werden, auch ohne Auto. Genial.
11 • Hungrig und versandet bei frischem Fisch
Spätnachmittags brachen wir dann wieder auf, um mit einem Abendessen den Tag zu beenden. Hungrig, versandet und mit zerzaustem Haar machten wir uns auf die Suche. Ein etwas schickeres Restaurant war ausgebucht und irgendwie war uns auch gar nicht nach schick. Weiter in Richtung Cascais entdeckten wir die Jonas Bar, eine Strandbar, die einen sehr authentischen Eindruck machte und Tagesfisch auf der Karte hatte. Es war die richtige Wahl. Nettes Personal, sehr bemüht, frischer köstlicher Fisch. Zurück wollte ich ein Uber Taxi bestellen. Irgendwie funktionierte es nicht. Da kam uns ein Restaurantmitarbeiter zu Hilfe. Er riet mir, die Bolt App herunterzuladen. Dieses Taxiunternehmen sei in der Region Lissabon gängiger und noch preiswerter als Uber. Den Rat nahm ich gerne an. Da es mittlerweile bitterkalt war und wir nur kurze Baumwollstrandkleider trugen, rannten wir wie die Irren zur verabredeten Stelle und wärmten uns im dort wartenden Taxi auf. In unglaublichen 20 Minuten fuhr uns der Fahrer auf direktem Weg quer durchs Land zu unserer Ferienwohnung in Lissabon. Über den Betrag konnten wir nur staunen. Natürlich gaben wir ordentlich Trinkgeld, mussten uns aber zügeln, um es nicht zu übertreiben. Das hätte sich nicht richtig angefühlt. Und so endete unser letzter perfekter Tag in dieser wunderschönen Stadt.
12 • Treiben lassen und doch noch shoppen
Heute wird gepackt. Koffer an die Rezeption und ohne Stadtplan und Google Maps einfach treiben lassen. Es ist doch immer wieder interessant, wie verwirrend Städte am Anfang sind und wie einfach die Orientierung, nachdem man sie entdeckt hat. Zum Frühstück noch eine Pasteis de Nata im Zentrum. Obwohl im Internet angepriesen, schmeckte sie lange nicht so gut wie im oben bereits erwähnten Café a Brasileira. Macht nichts. Noch einmal durch die Fußgängerzone und nun nahmen wir uns auch die Zeit, in die Geschäfte zu gehen. Natürlich mit Erfolg. Mit dem Taxi ging es rechtzeitig zum Flughafen, da wir einen Termin für einen Corona Schnelltest vereinbart hatten. Zum Glück waren wir so früh da, die Schlange war sehr lang. Und zum Glück hatten wir einen Termin. Später im Flugzeug hörten wir, dass Fluggäste ohne Termin in einer anderen Etage abgefertigt wurden und die Wartezeit dort so lang war, dass schon Flüge verpasst wurden. Bei uns verlief alles reibungslos. Manchmal ist gute Organisation doch nicht schlecht.
Was soll ich sagen. Lissabon ist eine so schöne, beeindruckende Stadt, traditionell und modern zugleich, mit einzigartiger Geschichte und Kultur. Die Bewohner sind zu beneiden. Ich werde gerne wiederkommen.
Wer sich portugiesischen Genuss nach Hause holen möchte, hier mein Rezept zum Nachkochen.