Ausstellung Niki de Saint Phalle in der Kunsthalle Schirn in Frankfurt, März 2023

Niki de Saint Phalle (1930-2002) gilt als eine der ersten Pop-Art Künstlerinnen ihrer Zeit. Mit ihren prallen und farbenfrohen „Nana-Skulpuren“ erlangte sie internationale Berühmtheit. Diese Ausstellung durfte ich mir nicht entgehen lassen. Schon als Jugendliche fielen mit die Nana Skulpturen ins Auge und begeisterten mich. Ihre Aussage war für mich immer klar: Die Künstlerin setzte sich für die starke, selbstbewusste Frau ein.

1 • Die zornigen Anfänge

Ihr Werdegang hat mich sehr beeindruckt. Schon in ihrer Jugend wollte sie ausbrechen, so wörtlich: „Ich möchte nicht Wächterin des Herdfeuers sein. Ich wollte die Welt und die Welt gehört den Männern.“ Für die Kunst verließ sie später sogar ihre Familie.

Frühe Bekanntheit erlangte sie 1961 durch ihre „Schießbilder“: Mit einem Gewehr schoss sie auf ihre Skulpturen, unter denen sie zuvor Farbbeutel und Rauchbomben verarbeitet hatte. Diese entluden sich und liefen als Farbrinnsale über ihre Kunstwerke. Diese „Schießbilder“ gelten als eine der ersten Happenings, in die sie auch das Publikum einbezog. Mit ihrer Kunst spiegelte sie soziale Themen wieder und nahm auch politisch Stellung. Ihre Themen waren u.a. Gewalt und Krieg (damals Vietnam Krieg. Indochina Krieg, Kalter Krieg), AIDS und Recht auf Abtreibung. Niki de Saint Phalle bezeichnete sich selbst als „Terroristin der Kunst“. Es war offensichtlich, dass sie mit ihrer Kunst auch ihre Wut verarbeitete. Nicht nur wegen der o.g. Themen, sondern auch wegen ihres Vaters, der sie als 11-Jährige sexuell missbraucht hatte. Ihre ersten Arbeiten, so sagte sie selbst, „seien sehr zornig und politisch gewesen“.

Das stimmt tatsächlich. Ich war zu Beginn der Ausstellung überrascht und etwas schockiert über ihre anfangs brutalen und düsteren Arbeiten.

2 • Die starken, fröhlichen „Nanas“

Ihr zentrales Thema blieb aber immer der Kampf gegen festgefahrene Rollenbilder und für das Feminine. Inspiriert durch ihre Schwangerschaft entstand 1965 ihre erste Nana (Französisch für Dame oder Tussi). Die rundlichen, farbenfrohen und stark abstrahierten Formen verstand sie als Symbol für weibliche Fruchtbarkeit und Sexualität. Sie bezeichnete sie selbst auch als „Jubelfest der Frau“, die Lebensfreude, Stärke und Freiheit verkörpern sollen.

Besonders faszinierte mich ihre Großplastik „Hon“ von 1966, ein begehbarer Frauenkörper als Kathedrale. Mit 25 Meter Länge, 9 Meter Breite und 6 Meter Höhe ist es die größte Arbeit der Künstlerin, die hiermit den menschlichen Körper als Gefäß darstellen wollte. Sie beherbergte im Inneren u.a. eine Liebesnische im Bein, eine Milchbar in der rechten Brust, ein Planetarium in der linken Brust und eine mechanische Gebärmutter im Bauch. Betreten konnte der Besucher die Kathedrale durch die Vagina. Das war Niki de Saint Phalles ironischer Kommentar zum klassisch-konservativen Frauenbild der damaligen Zeit. Sie bezeichnete ihre Plastik als „größte Hure der Welt“. Nach drei Monaten Ausstellung in dem Stockholmer Moderna Museet wurde sie komplett zerstört.

Die Skulptur „Schädel“ von 1990, ein Totenkopf als Mediationsraum, erinnert an den mexikanischen Tag des Todes, der symbolisch für die Kürze des irdischen Lebens steht.

Die Skulptur „Schutzengel“ von hängt seit 1997 im Züricher Hauptbahnhof und soll die Reisenden schützen.

Ich halte die Ausstellung für sehr gelungen. Die künstlerische Entwicklung und Vielseitigkeit von Niki de Saint Phalle sind sehr beeindruckend.

Die Ausstellung in der Schirn Kunsthalle in Frankfurt wird bis Mai 2023 gezeigt. Solltet Ihr die Möglichkeit haben, diese Ausstellung oder vielleicht eine ähnliche an einem anderen Ort zu sehen, kann ich Euch den Besuch nur empfehlen.

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